«Er hat uns schon seit langem dazu bestimmt, seine Söhne und Töchter zu werden durch Jesus Christus, nach seinem gnädigen Willen, zum Lobpreis seiner herrlichen Gnade, mit der er uns beschenkt hat in seinem geliebten Sohn» (Epheser 1,5–6).
Seit den 1870er Jahren hat sich die Lebenserwartung in der Schweiz und in Deutschland mehr als verdoppelt. Da wir körperlich nicht mehr so hart arbeiten wie unsere Vorfahren, sind viele bei der Pensionierung relativ fit. Trotzdem, der körperliche Zerfall lässt sich nicht stoppen und vor allem kann unsere denkerische Fähigkeit mit der höheren Lebenserwartung kaum mithalten. Mediziner rechnen mit einer Verdoppelung demenzkranker Menschen in den nächsten 25 Jahren. Zudem: die höhere Lebenserwartung macht uns nicht glücklicher als unsere Vorfahren, denn unzählige Menschen leiden wie selten zuvor an Einsamkeit. Die Pandemie hat diese brutal verstärkt. Depressionen nehmen massiv zu.
Wertloses Leben?
Am Montagabend, 23.11.2020 strahlten ARD und SRF zeitgleich das Fernsehspiel «Gott» aus. Es ging um die schwierige Frage der Sterbehilfe. Anschliessend wurde das Thema in beiden TV-Studios mit Experten diskutiert. Während dieser Zeit konnten die Zuschauer in regelmässigen Abständen folgende Nachricht am unteren Bildschirmrand lesen: «Suizidgedanken? Hier finden Sie Hilfe». Dann folgten die Telefonnummern von Seelsorgeeinrichtungen. Die gleichen Hinweise fanden sich auf den Homepages, die jenen Themenabend vertieften. Die Verantwortlichen fühlten sich zu dieser ungewöhnlichen Massnahme veranlasst, weil die ganze Zeit subtil folgende Botschaft vermittelt wurde: Wenn du krank oder depressiv oder einsam bist, wenn dein Körper dir nicht mehr gehorcht oder wenn dein Verstand nachlässt, dann gibt es Erlösung durch die Sterbehilfe. Hinter dieser Nachricht versteckt sich jedoch eine weit brutalere Nachricht, die unweigerlich in die Depression führt: Kranke, Schwache und Alte sind nichts mehr wert. Eigentlich sind sie nur noch eine Belastung für die Gesellschaft. Früher hätte man gesagt: «Gib dir die Kugel!» Heute drückt man das netter aus: «Beende dein wertloses Leben mit der Unterstützung einer Sterbehilfeorganisation.»
Das wertvollste Geschenk: Leben mit Gott
Offenbar ist unser Leben nur dann wertvoll, wenn wir jung, kräftig und produktiv sind. Das Töten von vermeintlich unnützem Leben ist keine moderne Erfindung. Die Antike Welt war gnadenlos zu kranken oder behinderten Kindern. Seneca schreibt: «Wir schlachten einen wild gewordenen Ochsen, wir erwürgen einen verrückt gewordenen Hund, wir stossen ein Messer in eine kranke Kuh, damit sie nicht andere ansteckt, und Kinder, die schwach oder missgebildet geboren werden, ertränken wir.» Paulus, ein Zeitgenosse Senecas, definiert den Wert des Lebens nicht mit menschlicher Schaffenskraft, Klugheit, Bildung, Macht, Ansehen oder vornehmer Herkunft. Mit all dem konnten sich die damaligen Christen kaum rühmen – und das war auch gut so –, denn für Paulus sind Christen wertvoll, weil sie zu Christus gehören. Durch ihn hat uns der himmlische Vater zu seinen erlesenen Söhnen und Töchtern gemacht und mit jedem himmlischen Reichtum beschenkt. Diese Würde überstrahlt jede Krankheit, Schwachheit, Unvollkommenheit und Einsamkeit. Sie übersteht den Tod und bleibt in alle Ewigkeit. Das ist das Evangelium, das wir leben und lehren dürfen!