Einen Mann gibt es noch, durch den man den HERRN befragen könnte; aber ich hasse ihn, denn er weissagt nichts Gutes über mich, sondern nur Böses! (1Kön 22,8).
König Ahabs Urteil über den Propheten Micha steht charakteristisch für das Verhältnis zwischen der politischen Elite und Gottes Propheten. Michas Geschichte repräsentiert den prophetischen Widerstand im alten Israel in fast perfekter Weise.
Einer gegen alle – alle gegen einen
Israels König Ahab will zusammen mit König Joschafat von Juda die Stadt Ramot-Gilead zurückerobern. Er lässt 400 Propheten vor seinem Thron versammeln und fragt sie nach ihrer Meinung. Ausnahmslos alle raten: „Nur zu! Der Herr gibt dir den Sieg!“ Damit wäre eigentlich alles klar. Deutlicher könnte die Erkenntnis nicht sein. Aber Joschafat gibt sich mit dem einhelligen Urteil von 400 Propheten nicht zufrieden. Er verlangt Klasse, nicht Masse! Der einzige Mann, der seine Fahne nicht in den Wind hängt, ist der Prophet Micha. Der wird aber gewarnt: „Sprich bitte nur, was der König von Israel hören will!“ Doch Micha ist kein Opportunist und prophezeit entgegen der vorherrschenden Richtung einen negativen Ausgang der Schlacht. Damit erklärt er die Meinung von 400 selbsternannten Experten für null und nichtig! Gottes Botschafter richten sich nicht nach dem Mainstream!
Mit Blut und Tränen bezeugt
Michas Ehrlichkeit wird mit Gefängnis belohnt. „Speist ihn mit Brot und Wasser der Bedrängnis, bis ich in Frieden zurückkomme!“, befiehlt Ahab. Der Prophet soll im Gefängnis gerade so viel Brot und Wasser erhalten, dass er nicht stirbt. Eine grausame Folter! Später zeigt Jesus den Pharisäern und Gesetzesgelehrten die lange Blutspur, die Menschen von Anfang an in ihrem mörderischen Widerstand gegen die Boten Gottes gezogen haben (Lukas 11,51). Propheten traten nicht oft für eine mehrheitsfähige Meinung ein. Dafür wurden sie vom eigenen Volk verhöhnt, gequält, ins Gefängnis geworfen, gesteinigt, als Ketzer verbrannt, auf qualvolle Weise getötet oder mit dem Schwert hingerichtet (Hebräer 11,36-37). Widerstand gegen das Reden Gottes wird in der Schweiz längst nicht so dramatisch erlebt. Wenn man seine Botschafter missachtet oder verspottet, ist das meist alles. Mut kostet es trotzdem, auf der Seite Gottes zu stehen. Folter und Tod bedeutet es aber bis heute für unzählige Christen in der Welt.
Widerstand zum Schweigen gebracht
Ahab handelt konstant gegen Gottes Weisungen. Daher wird ihm jeder zum Feind, der im Namen Gottes spricht (1Könige 21,20). 400 Leute mögen sagen: „Geh nur, führe aus, was du für richtig hältst; es kommt alles gut!“Aber eine einzige leise Stimme genügt – und er weiss, was zu tun wäre. Doch Ahab folgt den 400 Lügnern und steckt die eine Stimme der Wahrheit ins Gefängnis. Am Abend ist er tot und die Hunde lecken sein Blut. So hatte es Micha vorhergesagt. Ahab dachte, er könnte Gottes Widerstand beseitigen. Aber es kam umgekehrt. Gott besiegte Ahabs Widerstand. Viermal finden wir im Hebräerbrief die Warnung, den besonderen Moment des Redens Gottes nicht zu verpassen. Ahab hat es getan. Es gibt keinen schlimmeren Fluch, als wenn Gott schliesslich schweigt. “Nach einem Wort von mir
werdet ihr euch sehnen. Doch eure Suche wird vergeblich sein, ich, der Herr, antworte euch nicht!“, warnt Gott sein Volk (Amos 8,11-12). „Ich habe dir nichts mehr zu sagen!“ steht am Ende des geduldigen Redens Gottes. Herodes Antipas musste das erfahren. Er liess den grössten aller Propheten köpfen und erwartete später ein Wunder von Gottes Sohn. Jesus sprach nicht ein einziges Wort zu ihm. (Luk 13,6-12). Auch wenn uns Gott eigene Pläne durchkreuzt, müssen wir ihn ernst nehmen. Denn wenn er schliesslich schweigt, erleben Menschen das schlimmste Gericht in diesem Leben!