«Denn der Menschensohn ist gekommen zu suchen und zu retten, was verloren ist» (Lukas 19,10).
An einem kühlen Frühlingstag unternahmen meine Frau und ich an einem abgelegenen, idyllischen See einen Spaziergang. Auf einer behaglichen Bank am Ufer setzten wir uns hin und genossen die spärliche Sonne. In der Nähe spielten einige Kinder im Vorschulalter. Weit und breit waren keine Eltern in Sicht und auch kein Haus, von dem aus sie ihre Kinder hätten beobachten können. Die Mädchen und Buben rannten auf einem der wackeligen Stege weit auf den See hinaus und liessen sich zu waghalsigen Klettereien hinreissen. Es ging nicht lange, da hörten wir entsetzte Hilferufe. Ein etwa fünfjähriger Knirps war ins kalte Wasser gestürzt. Er drohte zu ertrinken, weil er nicht schwimmen konnte. Mit grosser Anstrengung versuchte ein etwas grösseres Mädchen, ihn an der Wasseroberfläche zu halten. Dazu musste das Kind sich aber auf dem Bauch liegend weit über den Steg hinauslehnen, sodass es fast selbst ins Wasser rutschte. Das Mädchen hatte aber nicht die Kraft, seinen nach Luft ringenden Spielkameraden aus dem Wasser zu ziehen. Wild gestikulierend und schreiend liefen die anderen Kinder umher. Helfen konnte keines. Wie der Blitz lief ich zur Unglücksstelle, beugte mich zum Ertrinkenden, ergriff ihn mit beiden Händen und zog ihn in Sicherheit. Hätten wir uns nicht zufälligerweise dort aufgehalten, wäre dieses junge Leben einige Minuten später erloschen.
Menschen mit dem Retter bekanntmachen
Vor rund 2000 Jahren schrieb der römische Staatsmann Seneca: «Was wir Menschen brauchen, ist eine Hand, die sich uns entgegenstreckt und uns herauszieht!» Leider scheint er nicht erfahren zu haben, dass Christus dies zu seinen Lebzeiten getan hat. Seither sind die Jesusnachfolger auf der ganzen Welt unterwegs, um im Auftrag von Jesus Menschen zu retten. Keine leichte Aufgabe für Christen in Europa, denn hier sind sich die meisten Menschen keiner Gefahr bewusst. Sie schreien deshalb auch nicht nach Hilfe. Die Kirchen sind meist leer. Zunehmend werden Gotteshäuser mangels Nutzung abgerissen oder verkauft und als Galerien, Restaurants oder Diskotheken betrieben. Auch der Zulauf zu den Freikirchen stagniert seit Jahren. Wenn eine Kirche wächst, dann meistens auf Kosten anderer. Im Vergleich zum Bevölkerungswachstum nimmt der Einfluss der gläubigen Christen in Europa massiv ab. Die Schuldigen für dieses Malheur sind jeweils schnell gefunden: schwache Predigten, zu wenig Gebet, mangelndes Vorbild der Christen. Auch schnelle Lösungen sind zur Hand: In unzähligen Strategiepapieren, Vorträgen und Büchern wird erklärt, mit welchen Methoden sich Menschen retten lassen. Nur: Ich will die Schuld nicht bei anderen suchen und gebe mich auch nicht mit billigen Lösungen zufrieden. Schon gar nicht will ich das souveräne Handeln Gottes ausser Acht lassen. Doch mit meinen Möglichkeiten und Gaben möchte ich bewusst die Komfortzone auf der bequemen Sitzbank verlassen und den Mut aufbringen, etwas zu wagen und Risiken einzugehen, um Menschen mit dem Retter Jesus bekanntzumachen.