«Als er näherkam und die Stadt sah, weinte er über sie» (Lukas 19,41)
Gott zeigt Emotionen! Jesus liegen die Menschen so sehr am Herzen, dass sie ihn durch ihr uneinsichtiges Verhalten zu Tränen rühren. Eigentlich hätte er sich doch freuen müssen im Augenblick seines triumphalen Einzugs in die Stadt und der vielen Jubelrufe. Doch Jesus lässt sich nicht blenden. Er sieht weiter und tiefer. Die begeisterte Masse wünscht sich vielleicht einen Helden, der ihnen politische Freiheit bringt, aber nicht einen heiligen Gott, der Sünde aufdeckt. Jesus weiss: Die jubelnden Stimmen werden bald «Kreuzige ihn!» rufen. Die Menschen werden ihn ablehnen, foltern und töten. Jesus sieht das kommende Gericht mit seinem schrecklichen Leiden für die Stadt. Keine 40 Jahre später zog ein anderer in Jerusalem ein, aber nicht mit einem herzlichen Ringen um die Menschen, sondern erbarmungslos und mit zerstörerischer Wut. Der römische Feldherr Titus machte Jerusalem dem Erdboden gleich. Dabei hatte Gott Jahrhunderte um die Stadt gerungen. «Wie oft habe ich versucht, dich zu sammeln wie eine Henne ihre Brut, aber du wolltest nicht!», klagt Jesus. Die Menschen bezahlten ihre Rebellion teuer, und das treibt dem Sohn Gottes die Tränen in die Augen.
Von Jesus bewegen lassen
Die Tränen von Jesus in Jerusalem fordern uns heraus: Bewegt es uns, wenn wir Menschen – vielleicht sogar liebe Freunde oder Verwandte – in ihrer Auflehnung gegen Gott sehen? Erschüttert es uns wie Jesus, wenn wir an ihr kommendes Gericht denken? Es ist keine heile Welt, in der wir leben, aber es ist eine Welt, die Jesus heilen will und kann. Jesusnachfolger setzen alles daran, dass ihr Herr und Retter auf dem ganzen Globus bekannt wird. Dazu bilden sie seit mittlerweile rund 2000 Jahren Menschen aus, von Gott gerufene Leute, die hoffentlich auch mit Tränen in den Augen um die Verlorenen dieser Welt ringen.
In der Entwicklungspolitik gilt das Motto: «Gib dem Hungernden nicht einen Fisch, sondern lehre ihn fischen!» Paulus benutzte dieses Prinzip für die geistliche Arbeit. Seinem Mitarbeiter Timotheus schreibt er deshalb: «Was du von mir gehört hast vor vielen Zeugen, das befiehl treuen Menschen an, die tüchtig sind, auch andere zu lehren!» (2Timotheus 2,2). Mit anderen Worten: Lehre tüchtige Menschen und löse damit einen immensen Schneeballeffekt aus. Nichts ist so wirkungsvoll wie die biblische Ausbildung junger Menschen!
Eine Missionarin, die in der Verwaltung eines bekannten Missionswerkes arbeitet, beklagte sich bei mir, dass sie in ihren Rundbriefen leider nicht über Bekehrungen oder atemberaubende medizinische Eingriffe berichten und auch keine Bilder von hungernden und bis auf die Knochen abgemagerten Kindern beifügen kann. «So lassen sich natürlich nur schwer Unterstützer für meine Arbeit finden», seufzte sie. Ähnliches erleben theologische Ausbildungsstätten. Wie die erwähnte Missionarin können auch sie ihren Unterstützern meist keine sensationellen und herzerweichenden Berichte liefern. Theologische Ausbildung ist für viele etwas Abstraktes und Theoretisches. Manche sehen sogar nur einen begrenzten Sinn in dieser Arbeit. So haben es theologische Ausbildungsstätten im Allgemeinen schwer, Spender zu gewinnen. Doch kaum etwas ist so effizient wie die Investition in die Ausbildung. Da werden Multiplikatoren des Evangeliums herangebildet, die als Arbeiter im weltweiten Weinberg Gottes tätig sind, durch die viele Menschen zum Glauben an Jesus Christus finden. Jene werden wiederum andere zu Jesus geführt und diese nochmals weitere. Am Schluss wird es eine riesige Schar aus jedem Volk, jedem Stamm, jeder Sprache und jeder Nation sein! (Offenbarung 5,9).