«Griechen und Nichtgriechen, Gebildeten und Ungebildeten bin ich ein Schuldner; so liegt mir alles daran, auch euch in Rom das Evangelium zu verkündigen» (Römer 1,13-15).
Neulich besuchte uns hier am sbt ein älterer Mann. Er erzählte, dass er 1959 als Fünfjähriger an einem Event für Kinder teilgenommen hatte und seither nie wieder in Beatenberg war. Nach so langer Zeit war er sich nicht einmal mehr sicher, ob die Veranstaltung auf unserem Campus stattgefunden hatte. Als er mir aber den Namen eines Mitarbeiters jenes Kinderprogramms nannte, an den er sich erstaunlicherweise erinnern konnte, war klar: Es handelte sich um einen unserer Anlässe. 63 Jahre später wollte er noch einmal den Ort besuchen, an dem er seine erste bewusste geistliche Erfahrung gemacht hatte, wie er es nannte. Sein damaliger kindlicher Start in die Christusnachfolge war echt und hielt stand. Später studierte er Theologie und wurde Pfarrer in der reformierten Kirche der französischen Schweiz. Sein gesamtes Arbeitsleben lang verkündigte er das Evangelium. Jene Kinderfreizeit hatte tiefgreifende Wirkung mit Multiplikationseffekt. Das, weil die damalige Generation sich verpflichtet fühlte, Kindern und Erwachsenen, Schweizern und Ausländern, Frauen und Männern, das Evangelium zu verkündigen.
Schulden begleichen
Wenn Paulus in Apg 19,21 sagt: «Ich muss auch Rom sehen!», dann äusserte er dies nicht in der Leidenschaft eines Touristen, sondern eines Missionsstrategen. Er war überzeugt: Wenn die Einwohner Roms Gottes gute Nachricht verstehen und von ihr entflammt werden, wird bald die ganze Welt davon erfahren. So geschah es auch. Für Paulus war es unabdingbar: Solange es noch Völker und Sprachen gibt, Gebildete und Ungebildete auf dieser Erde leben, die nie von Christus gehört haben, bleiben wir deren Schuldner! Gott beruft und befähigt seit 2000 Jahren Menschen, die die gleiche Vision wie Paulus verfolgen. Durch sie hat auch meine Familie viele Generationen zurück zum Glauben an Christus gefunden und schliesslich selbst anderen Menschen ihre Schuld beglichen, indem sie ihnen von Christus erzählten. So tun das offensichtlich auch unzählige Christen heute, denn die Kirche wächst in grossen Teilen unserer Erde. Leider nicht in Europa oder den USA.
Dranbleiben
In vielen Kirchen unseres Landes sitzt man sonntags selbstzufrieden in bequemen Sesseln und hört die rettende Botschaft, die mit vielen visuellen und unterhaltenden Finessen zubereitet wird, singt von Gottes Gnade, dankt Gott für seine Liebe und Barmherzigkeit, betet ihn leidenschaftlich an, aber unternimmt wenig, damit auch andere Menschen Gottes gute Nachricht hören. Ausreden gibt es genug: Das will heute keiner hören, wir haben noch nicht den Schlüssel zum Erfolg gefunden, der Boden ist zum Säen zu hart, die Leute sind nicht offen fürs Evangelium … Paulus gab seinen Plan, Rom mit dem Evangelium zu erreichen, trotz Hindernissen nicht auf: «Ihr sollt aber auch wissen, liebe Brüder und Schwestern, dass ich mir schon oft vorgenommen habe, zu euch zu kommen, bis heute aber daran gehindert wurde» (Röm 1,13). Von Gott in eine neue Richtung gelenkt, sagt er sich: «Wenn es mit der mündlichen Evangelisation nicht funktioniert, dann vielleicht mit einem Brief!» Und dieser war ein voller Erfolg mit durchschlagender Wirkung – bis heute! Millionen von Menschen haben durch diesen Brief an die Christen in Rom entdeckt, wie sie mit Gott versöhnt werden können.
Welchen himmlischen Kick brauchen wir, damit wir in Sachen Evangelisation neue Wege wagen oder überhaupt etwas unternehmen? Vermutlich wäre der Verlust des materiellen Wohlstands bereits ein deutlicher Push in eine neue Richtung. Selbstverständlich ist es Gott allein, der Menschen zur Umkehr bewegt. Und dennoch fragt Paulus: «Wie sollen sie an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie hören, wenn niemand da ist, der verkündigt?» (Röm 10,14). Gott hat uns himmlischen Reichtum anvertraut, der die Not der Welt heilt. Wenn wir diesen Reichtum für uns behalten, werden wir schuldig unseren Mitmenschen gegenüber. Wenn jemand seinen finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommt, weil seine Konten leer sind, kann man das verstehen. Wenn aber jemand trotz voller Kassen nicht bezahlt, gehört er bestraft. Weil wir es den Menschen schuldig sind, ihnen das Evangelium zu verkündigen, bilden wir hier am sbt Männer und Frauen aus. Nicht zum Selbstzweck, sondern um unsere geistliche Verpflichtung zu erfüllen.
Unsere Vorfahren haben den Missionsauftrag offensichtlich ernst genommen. Die Ausbreitung des Christentums ist gewaltig. Schau dir dazu den Clip unten an.