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KIRCHE? BRAUCH ICH NICHT!?

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  • Beitrag zuletzt geändert am:5. Januar 2024

«… wie auch Christus die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat …» (Epheser 5,25)

Viele Christen können mit der Institution Kirche nichts anfangen. Sie gilt als verstaubt, antiintellektuell, heuchlerisch und irrelevant. «Ich bin Christ, aber gehöre keiner Kirche an», lautet das trendige Statement. Die bekannte Autorin Anne Rice («Gespräch mit einem Vampir») teilte ihren Freunden auf Facebook mit, dass sie nach zehn Jahren Kirchenmitgliedschaft genug von Gottes Bodenpersonal habe. «Heute kündige ich mein Christsein. Ich bin draussen. Ich bleibe mit Christus verbunden wie immer, aber ich bin nicht mehr eine Christin oder Teil des Christentums», schreibt sie. 

Aber: Geht es bei der Christusnachfolge nur um mich und Jesus? 

Lieber einsam als gemeinsam?

«Ich bin entschieden, zu folgen Jesus, ob niemand mit mir geht, doch will ich folgen» schrieb der indische Evangelist Sadhu Sundar Singh vor hundert Jahren. Er litt unter der einsamen Jesusnachfolge und sehnte sich nach Gemeinschaft mit anderen Christen. In unserem Kulturkreis dagegen finden es viele ideal, allein mit Christus unterwegs zu sein: «Wenn niemand mit mir geht, ist mir das ganz recht, denn lieber folge ich Jesus einsam und allein als mit meinen anstrengenden Glaubensverbündeten!» In unserer Abendmahlstradition bringen wir dieses Bild (ungewollt) zum Ausdruck. Das Brot, das wir austeilen, wird in kleine quadratische Fonduebrocken mundgerecht zugeschnitten (einige Witzbolde meinen sogar, diese Stückchen wären so gebacken worden). Die Symbolik zeigt, was wir tatsächlich sind: Ein Korb voller Individualisten. Gottes Gemeinde gleicht nicht mehr dem einen Brotlaib, der aus vielen Brotstücken besteht, sondern unzähligen zerstreuten, individuellen Krümeln, die sich trotzdem kaum voneinander unterscheiden. Weit extremer: Wir sehen das Brot in seine Atome aufgelöst. Schlimmer als eine Pandemie überrollt uns daher spätestens im dritten Lebensabschnitt die Einsamkeit.

Die Kirche ist mehr als Gemeinschaft und Unterhaltung

In der römisch-katholischen Kirche gilt die Kirche als Heilspenderin. Wer gerettet werden will, braucht die Sakramente der Kirche, und diese dürfen nur die Priester vermitteln. Evangelische protestierten: Die Kirche ist nicht Heilspenderin. Der Zugang zum Heil finden wir allein durch den Glauben an Christus. Richtig. Aber betonen wir den individuellen Glauben nicht so stark, dass wir die Kirche vernachlässigen? Immerhin bildet diese den Körper des Christus. 

Weshalb brauchen wir die Kirche? Weil wir uns sonntags etwas geistliche Unterhaltung wünschen? Aber diese können wir auch auf digitalem Weg konsumieren. Nein, wir brauchen die Kirche, weil Gottes Geist sie anders erfüllt als mich als individuelle Person. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Die Kirche ist mehr als ein Verein von Gleichgesinnten. Die Predigt und die Musik sind mehr als Unterhaltung. Die Taufe ist nicht nur unser Bekenntnis zu Gott und das Abendmahl kein lästiges Anhängsel zur Predigt. Gottesdienst bedeutet nicht einfach: Wir dienen Gott; wir beten ihn an; wir bekennen uns zu ihm. Es ist vielmehr umgekehrt: Gott beschenkt uns im Gottesdienst. Durch die Verkündigung des Evangeliums begegnen wir unserem lebendigen Gott. Wie sonst? Taufe und Abendmahl versichern und versiegeln uns eindrücklich Gottes ewige Heilszusagen. Wir empfangen diese nicht nur mit unseren Ohren, sondern mit allen unseren fünf Sinnen. Und schliesslich brauchen wir wie in einer guten Familie ständig Zuspruch und Korrektur von unseren Glaubensgeschwistern, um das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Das alles ist ohne Kirche nicht zu haben. Anne Rice will sich an Jesus binden, doch nicht an seine Kirche. Damit entwirft sie neben ihrem Vampir ein weiteres Horrorwesen, nämlich einen Kopf ohne Körper. Christus aber liebt seine Kirche so sehr, dass er sich für sie hingegeben hat. Und wir?

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